ISABELLA BORDONI __     OSPITALITÁ DELLA LINGUA

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Die Medienperformance OSPITALITÁ DELLA LINGUA fand in einem dunklen Raum statt, in dem Klänge in Abhängigkeit von der Bewegung des Publikums erzeugt wurden. Die Performerin fungierte als Korrektiv des interaktiviten Verhältnisses zwischen den Komponenten Bewegung, Klang und Sprache.

Auf den Boden wurde eine labyrinthartige Darstellung des städtischen Raumes projiziert. An vier Stellen im Raum befanden sich Diaprojektoren, die intermittierend das Bild des Schattens eines Menschen projizieren und sich an der Bewegung des Publikums ausrichten. Der Klang bewegte sich rotierend über ein 4-Kanal-Sound-System und erzeugte dadurch ein einfaches akustisches Environment.

Die Performerin agierte gleichsam als Agent und Controller, als Aufsichtsperson und Zeuge in einem. Ihre Intention war es, als Instrument verstanden zu werden; ihr Aktionsfeld befand sich an der Grenze zum Schatten.

Isabella BORDONI

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VOICES
Die Ethik ist die Gastfreundschaft, und die Gastfreundschaft ist die Kultur. Es existiert daher keine Ethik, die nicht eine Ethik der Gastfreundschaft wäre. Tatsächlich bedeutet Ethos Bleibe, Aufenthalt, Behausung; es weist auf das Herzstück des Hauses, auf dessen intimsten, verborgensten, vertrautesten und am meisten Schutz bietenden Ort. Ethos ist das Zuhausesein, wie es so schön heißt, das Geschütztsein vor allen Gefahren. Allein die Tatsache, ein Ethos, ein Haus, eine Bleibe zu haben, impliziert ein Draußen, verweist ganz allgemein auf eine Erfahrung des Anderssein. Eines Andersseins, das sich seinerseits aufspaltet: einerseits in das Anderssein der anderen gastfreundlich Aufgenommenen — jener Anderen, die die eigenen Anderen, die Gleichen, die Freunde sind; andererseits das der nicht entsprechenden Anderen, der Fremden, der Feinde.

Gast ist nicht nur der, den wir in unserem Ethos empfangen und der sich jederzeit in einen Feind verwandeln kann und so unsere Ängste und unsere Verweigerung rechtfertigt. Gast sind auch wir, auch wir sind empfangen von und in der Welt. Das Wohnen, das Sich-Aufhalten, das Im-eigenen-Haus-Sein, d. h. das Ethos, ist seinerseits eine Auswirkung des Gesetzes der Gastfreundschaft. Jener, der sich selbst als aktiven Gastgeber versteht, der Gastfreundschaft gewähren oder verweigern kann, ist seinerseits passiver Gast, einer, der gekommen ist und den das Ethos empfangen hat, ohne zu fragen, wer er denn sei und welches Recht er hätte, Bleibe zu nehmen. So sehr sich daher auch das Ethos immer in sich selbst zurückziehen, sich verschließen und das bedingungslose Gesetz der Gastfreundschaft sich in sein Gegenteil umkehren kann, die Ethik zeichnet sich aus durch ein ursprüngliches, offenes Wesen, ein Abweichen des Selbst vom Selbst, das uns zum Anderen macht, das uns uns selbst fremd macht, das uns also zu Gästen in unserem eigenen Haus macht, zu Einwanderern in um familiären Ethos, zu "Illegalen" in unserer eigenen Welt.

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